Einen losen Zusammenschluss von Nomaden oder Räubern, die vom Meer leben und von Zeit zu Zeit Plünderfahrten unternehmen, kann man "Piraten" nennen. Das Wort "Piratenkönigreich" mag Bilder von holzbeinigen Seemännern und Papageien heraufbeschwören, doch im Verlauf der Menschheitsgeschichte wurden verschiedenste Piratenkönigreiche (oder -republiken) in den gesetzlosen Gebieten jenseits der Grenzen großer Reiche und entlang lukrativer Handelsrouten gegründet. Besonders in verwinkelten Inselsystemen konnten sich Einheimische gut vor dem Arm des Gesetzes verbergen. Der wohl bekannteste dieser Zusammenschlüsse war die Republik der Piraten, eine kurzlebige Konföderation im Gebiet der heutigen Bahamas, zu der auch berühmte Piraten und Piratinnen wie Mary Read, Anne Bonny, Calico Jack und Blackbeard gehörten.

Doch interessanterweise verkündete der Gouverneur der Piratenhauptstadt New Providence, dass er den Staat zu "einem neuen Madagaskar" machen würde. Mit anderen Worten, Piratenstaaten waren ein bekanntes und weltweit verbreitetes Phänomen. In Südostasien gab es zwischen 1400 und 1800 mehrere kleinere Sultanate (besonders das Sultanat von Sulu), die davon lebten, die Handelsrouten in den Gewässern von Ostasien und den Philippinen zu überfallen. Von 1200 bis 1500 wurden die Küsten Ostasiens von "Wokou" heimgesucht. Das Wort bedeutet "japanische Piraten", wurde aber auf verschiedenstämmige Banden von Meeresräubern angewendet, die aus den Gewässern zwischen Korea, China und Japan kamen. Und natürlich sind die Küsten von Ostafrika, Madagaskar und Somalia bis zum heutigen Tag berüchtigt für die dortigen Piratenaktivitäten.

Piraterie erfordert, wie viele andere plündernde Gesellschaften, Handelsbeziehungen. Besonders im Zeitalter der europäischen Handelskompanien (1500-1700) und während der Tributzahlungen an die chinesische Ming-Dynastie (1300-1600) überquerten üppig gefüllte Schatzschiffe die endlosen Weiten der ungeschützten Ozeane. Völker verschiedenster Kontinente haben dieser Verlockung nachgegeben.