Gigantische Hügel aus gestampfter Erde erheben sich über die Ebenen des Mississippi. Dort liegt Cahokia, eine Stadt und Zeremonienstätte der amerikanischen Ureinwohner, deren Bedeutung erst vor Kurzem durch archäologische Studien bestätigt wurde.

Gefundene Nachweise lassen darauf schließen, dass die Siedlung aus dem 8. Jahrhundert, der sogenannten späten Woodland-Periode, stammt. Etwa zu dieser Zeit spaltete sich am Mississippi eine einzigartige Kultur ab, die auf extensivem Maisanbau basierte. Die Bevölkerung wuchs und soziale Strukturen wurden komplexer. In dieser Phase begann der Bau der Cahokia-Hügel als religiöses und rituelles Zentrum. Die Hauptstrukturen der Anlage waren entlang astronomischer Achsen und der vier Himmelsrichtungen ausgerichtet und Funde haben Belege für große Holzgebäude nachgewiesen. Es gab Sternwarten aus Zedernholzpfosten, die als astronomische Markierungen dienten und umgangssprachlich auch "Woodhenge" genannt werden, sowie unterschiedliche Wohnräume für die niederen und höheren Stände. Auf speziellen Plätzen konnte Chunkey gespielt werden und prominente Spieler wurden häufig auf Kunstwerken in Cahokia dargestellt. In St. Louis kann man stolz darauf sein, dass der traditionelle Sport der Einwohner viel ältere Wurzeln hat als zuvor angenommen.

Im Jahr 1250 lebten in Cahokia mehr Menschen als im damaligen London. Das Schwemmland des Mississippi bot reiche Böden, sodass die Landwirtschaft nicht nur die Stadtbevölkerung ernähren konnte sondern, wie Artefakte beweisen, auch Handelsbeziehungen bis ins ferne Mexiko ermöglichten. Doch es gibt auch Hinweise auf immer stärker werdende Spannungen. Eine gigantische, kilometerlange Palisade wurde Mitte des Jahrhunderts errichtet und später noch verstärkt.

Die Abnahme der Bevölkerung Cahokias und der versiegende Wohlstand scheinen mit dem Ende der mittelalterlichen Warmzeit zusammenzufallen. Durch das kühlere Klima konnten die damaligen Landwirtschaftspraktiken die Einwohner Cahokias nicht mehr ernähren. Doch obwohl Cahokia als Stadtzentrum an Bedeutung verlor, blieb es weiterhin ein rituelles und religiöses Zentrum. Im 14. Jahrhundert wurde es schließlich aufgegeben und erst im 17. Jahrhundert vom Cahokia-Stamm der Illiniwek neu besiedelt, die der Gegend den heutigen Namen gaben. Der ursprüngliche Name ist im Verlauf der Geschichte in Vergessenheit geraten.

Französische Missionare und Händler hatten im Cahokia-Gebiet während der Kolonialzeit diverse Außenposten. Eine Gemeinschaft von Trappisten-Mönchen gründete auf einem der größten Hügel im Jahr 1809 ein Kloster, sodass der Hügel seitdem als Mönchshügel bekannt war. Zu der Zeit war noch unbekannt, was diese Hügel genau waren und wie sie zustande gekommen waren. Erst als Mitte des 19. Jahrhunderts ein Bauer auf einem dieser Hügel einen Brunnen graben wollte, kamen die ersten Hinweise auf ihren Ursprung zutage.

Im Jahr 1979 wurden die Cahokia-Hügel als historische Stätte unter staatlichen Schutz gestellt und seit 1982 gehören sie zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Forschungen in Cahokia haben das Bild des Alltagslebens amerikanischer Ureinwohner vor der westlichen Kolonisierung bereichert, besonders im Hinblick auf städtische Entwicklungen und Handelsnetze. Dies hat wiederum an Vorurteilen gegenüber den Zivilisationen dieser Völker rütteln können und bietet in der Zukunft hoffentlich weitere Einblicke in das Leben der Menschen, die diese erste große Stadt am Mississippi erbaut haben.